Bundesarchiv
Abgeschrieben von Hartmut Regenstein am 21.02.2012
Meine Tätigkeit als Lehrerin in Laningen, Kr. Kutno „ 1940-1945“
von Annelies Regenstein, Lehrerin
Nr. 968.W./55


Erklärung


Zu meinem Bericht vom 31. Januar 56
Betr. Meine Tätigkeit als Lehrerin in Laningen, Kr. Kutno
Hierdurch erkläre ich, dass die in meinem Bericht gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen und dass sie eigenen Kenntnissen und Beobachtungen entstammen.
Ich bin mit der Verwertung des Berichts für historisch wissenschaftliche Zwecke einverstanden. Die von mir aufgeführten Personen und Ortsnamen sowie mein Name dürfen genannt werden.

Hermesdorf, den 31.1.1956
Über Waldbröl, Rheinland
Hauptstraße 50
Annelies Regenstein
Hausfrau


Bericht der Lehrerin Annelies Regenstein aus Laningen, Schulamt Kutno


Den Reichsgau Wartheland lernte ich im Sommer 40 als Studentin der HfL Frankfurt/O
(Hochschule für Lehrerausbildung) in einem sechswöchigen, freiwilligen Ferieneinsatz kennen. Das Land und seine Menschen beeindruckten mich, hier war auf jedem Gebiet viel Arbeit zu leisten. Voller Idealismus meldete ich mich nach bestandener 1. Prüfung im Oktober 41 ins Wartheland und wünschte mir, zum Gelingen aller Aufgaben mit beizutragen.
Bis zur Flucht vor den nachdrängenden Russen im Januar 45 blieb ich auf meiner Schulstelle in Laningen, Kreis Kutno.
Ich hatte im Laufe meiner Lehrtätigekti drei Schulstellen im Kreise Kutno inne.
Überall lernte ich eine andere Zusammensetzung der deutschen Bevölkerung kennen,
Balten, Volksdeutsche, Wolhynier, Galizier, Bessarabier, später kamen noch die Schwarzmeerdeutschen dazu. Und zwischen allen Volksgruppen eingestreut saßen die Reichsdeutschen in führenden Stellungen. Sie sollten neben der reibungslosen Organisation der Gauverwaltung vor allem die NS-Grundsätze in der Bevölkerung verbreiten und vorleben.
Da im Krieg ja viele Führungskräfte von Staat und Partei gebunden waren, so wurden nur die verantwortlichsten Stellen mit SS Männern besetzt. Das Wartheland sollte ja nach Greiser Worten ein SS-Mustergau werden. Bei meinem ersten Einsatz im Kreise Turek im Sommer 40 spürte man noch überall den eben erst gewonnenen Feldzug. Die eingesetzten SS Sturmführer waren die Leute, sie leiteten Um- und Neuansiedlung der Deutschen aus Osteuropa und enteigneten die polnischen Bauern. Sie verfuhren derart großzügig bei der Aussiedlung, dass es später an Arbeitskräften mangelte. Der Neusiedler sollte sich als Herr fühlen, ihm wurde immer wieder seine Qualität den Polen gegenüber vorgehalten. So entstand zwischen Deutschen und Polen krasse Gegensätzlichkeit. Der Pole konnte nicht entbehrt werden (als Gutsarbeiter oder Dolmetscher in den Gemeinden), aber er wurde nicht als Mensch geachtet, sondern war ein Übel, ohne das man nicht auskommen konnte. Das erste halbe Jahr lebte ich im Hause eines baltischen Grundbesitzers. Dort konnte ich offensichtlich eine ganz eigene Behandlung der Bediensteten Bemerken. Es ging streng, aber gerecht zu und ein freundliches und lobendes Wort fehlte auch nicht, wenn es am Platz war. In kurzer Zeit lief der Gutsbetrieb vorbildlich.
Hier fehlte es unseren Führern an Erfahrung im Umgang mit den Polen, die das Baltendeutschtum im fremden Lande mit fremdländischen Menschen gewonnen hatte. Mit Härte und Gefühlslosigkeit sollte der Untergebene zu hündischem Gehorsam erzogen werden. Das gelang auch zunächst, da die polnischen Arbeiter nie gut gelebt hatten und die gefährlichere Intelligenz restlos ins Gouvernement evakuiert wurde. Während der flucht sollte sich dieser Fehlgriff schrecklich rächen. Ich möchte hier noch eine persönliche Erinnerung einfügen. Der Gutstreuhänder aus Suchedembie, der zugleich Ortsgruppenleiter unserer Gemeinde war, wurde sofort seines Amtes enthoben, da er seinen polnischen Arbeitern erlaubt hatte, das Entedankfest zu feiern. Diese menschliche Geste wurde ihm als Schwäche ausgelegt. Der glänzende Aufstieg des deutschen Volkes im 3. Reich begeisterte alle Volksdeutschen und Umsiedler. Den im Osten sesshaft werdenden Reichsdeutschen wurde vollstes Vertrauen entgegengebracht.

Die SS- Umsiedlungsstellen hatten den Aufbau des Reichsgaues fest in der Hand.
Kreise und Gemeinden waren erstaunlich gut durchorganisiert. Das Land war groß und weit und brauchte Menschen. Die vorhandenen Reserven reichten noch immer nicht zur Füllung des ostdeutschen Raumes. So wurde durch eine Staffelung der polnischen Bevölkerung versucht, dem Deutschtum Kräfte zuzuführen. Da ich in meiner Dienstzeit mit den verschiedenen Gruppen der Volksliste nicht in Berührung kam, so kann ich mich auch nicht mehr genau an die Eingruppierung und deren Handhabung entsinnen. Von der jüdischen Bevölkerung des einstigen Polen bemerkte ich nichts mehr. 1940 fuhr ich einmal durch das Ghetto von Litzmannstadt, ein von Stacheldraht abgezäumter dunkler Stadtteil, in welchem Tausende von Juden zusammengepfercht vegetierten. Über das fürchterliche Schicksal dieser Menschen sickerte wohl einiges ins Volk. Aber antisemitische Propaganda und auch eine ablehnende Haltung der angesiedelten Deutschen dem Juden gegenüber machte sie gleichgültig. Der Krieg zog im Laufe der Jahre immer mehr Männer aus dem Wartheland.

Die Frauen standen mit polnischem Personal allein auf den Bauernhöfen. Hier setzte eine großartige Hilfe und Betreuung durch NS Schwestern und Umsiedlerbetreuerinnen ein. Die Weite und Größe des Landes steht in keinem Vergleich zum „ Altreich“.  Mit ihren Fahrrädern durchkreuzten die Schwestern bei Wind und Wetter ihre Arbeitsbezirke und halfen den Siedlerfrauen. Säuglingspflege und Gesunderhaltung der Familie lag bei den Umsiedlern oft im Argen. Die hohe Geburtenziffer wurde durch die große Säuglingssterblichkeit zunichte gemacht.
Hier musste eine Erziehung zu den neuzeitlichen Erkenntnissen einsetzen. Auch die Haushaltsführung, die Gartenarbeit und Kleintierhaltung hatte sich in unserer Zeit sehr rationalisiert. Das Einwecken war z.B. vielen Umsiedlerfrauen noch fremd. Jeder Kreis hatte in der Kreisstadt sein Gesundheitsamt. Eine Betreuungsstelle für beobachtungspflichtige Krankheiten war damit vorhanden. Im Zuge einer Durchleuchtung durch SS Ärzte- eine Bildschirmaktion wurde vorgenommen- konnten auch die gefährlichsten Fälle von Tbc erfasst werden. In den einzelnen Orten saßen oft noch polnische Ärzte, die auch von den Deutschen aufgesucht wurden. Das Schulwesen hatte in kurzer Zeit einen schönen Aufschwung zu verzeichnen. Durch die vorhandenen polnischen Schulbauten war eine Beschulung der ansässigen Deutschen gesichert. Die Lehrkräfte bestanden meist aus jungen Lehrerinnen und vereinzelt abgeordneten Lehrern aus größeren Schulsystemen aus dem Reich.
Freilich fehlten zunächst alle Lernmittel, doch es wurde vom Schulamt jedes Kreises das nötigste an Heften und Büchern beschafft, um einen Unterrichtsbetrieb aufrecht zu erhalten. In den Leistungen standen wir den Volksschulen des Altreichs ziemlich nach. Oft hatten wir Schüler, die die deutsche Sprache nur gebrochen beherrschten. Um eine Weiterbildung der Lehrerschaft war unser Schulrat Scheele sehr bemüht. Die Junglehrer Tagungen im Monat mussten besucht werden- das bedeutete für uns kilometerlange Strecken (auch im Winter) abzufahren, bzw. abzulaufen, bis wir die entlegensten Schulorte erreichten. Neben den Volksschulen entstanden für begabte Kinder nach dem Muster des Altreiches Haupt- und Oberschulen in den Kreisstädten. Auch die polnischen Kinder wurden von Laienkräften in gesonderten Schulräumen betreut.
Hier ging es natürlich besonders um das Erlernen der deutschen Sprache. Nach den SS Grundsätzen sollte im Warthegau die evangelische und die katholische Kirche ausgeschaltet
und durch Parteifeiern und nationale Gedenktage ersetzt werden. Die Partei versuchte,
den zusammen gewürfelten Deutschen ein Zusammengehörigkeitsgefühl anzuerziehen.
Die Umsiedler gehörten vielen Sekten an. Durch die inselartige Verteilung im osteuropäischen Raum war das Sektenwesen zu voller Blüte gelangt. Ich kann nicht sagen,
ob den Predigern jegliche Tätigkeit untersagt war, aber in meiner Gemeinde fangen noch Zusammenkünfte der Sektierer statt. Der Beamtenschaft des Gaus, die sich wohl ausschließlich aus Reichsdeutschen zusammensetzte, wurde ein Kirchenaustritt nahe gelegt.
Ich wurde damals mit einer katholischen Kollegin zum Schulamt beordert, wo wir eine Erklärung unterschreiben sollten, dass wir damit einverstanden wären, in den Listen als „gottgläubig“ geführt zu werden. In Laningen befand sich eine katholische Kirche, die ich nur verschlossen kannte.
Über die Geistlichkeit weiß ich nichts zu sagen. Das Pfarrhaus wurde vom Amts Kommissar bewohnt. Unsere Gemeinde Laningen merkte auch im letzten Kriegsjahr wenig davon, wie gefährlich nahe uns der Russe gekommen war. Die Wehrmachtsberichte entsprachen ja durchaus nicht den Tatsachen. Im Juni 1944 bekamen wir „Einquartierung“. Eine Nachrichtentruppe, die aus Russland zur Erholung und Auffüllung zurückgekehrt war,
belegte unser Gut und auch 2 unbenutzte Räume unserer Schule. Doch bald darauf folgten aus der Heimat Landsturmmänner, so dass unser kleines Laningen zu eng wurde. Auch das Gasthaus mit seinem Parteifeierraum wurde als Unterkunft benötigt. Die Landsturmmänner wurden von der kämpfenden Truppe nicht ernst genommen, man sprach lächelnd vom „ letzten Aufgebot“. Wie zutreffend dieser Name war, ahnten wir wohl alle nicht. Es wurde uns allerdings etwas beklommen zu Mute, als wir die plötzliche rege Tätigkeit der Nachrichtentruppe bemerkten. Kabel wurden gelegt und überall Telefonzentralen eingerichtet. Das waren ja alles Maßnahmen, die darauf hinzielten, demnächst Hinterland der Front zu werden. Die Aufstellung des Volkssturmes und die sonntäglichen Übungen fanden weniger Beobachtung. Da kaum eine Bewaffnung vorhanden war- soviel ich weiß,
gab es nur Übungsstunden an Gewehren und Panzerfäusten- konnten diese Kompanien doch nicht im Ernstfall eingesetzt werden.
Die polnische Bevölkerung verhielt sich in dieser Zeit sehr ruhig, auch Partisanen kannten wir in unserer Gemeinde noch nicht. Als mich unser Amts Kommissar Meyer im Herbst 44 nach meinen Kenntnissen über erste Hilfe bei Unglücksfällen befragte, wurde mir erst richtig klar, welches Schicksal uns die NSDAP im Warthegau zugedacht hatte. Über die Kreisleitung und Gemeinden war die Flucht der bäuerlichen Bevölkerung genauestens organisiert. Aufgrund eines Deckwortes von Seiten der Kreisleitung sollte der Treck zusammengestellt werden
und dann unter der Leitung des Amts Kommissars – der seinen genauen Wege- und
Verpflegungsplan bekam- durchgeführt werden. Es sah alles sehr übersichtlich und wohl überlegt aus, doch die Wirklichkeit belehrte uns eines anderen. Ich sollte auf dem Treck unserer Gemeinde Schwester behilflich sein und DRK-Dienste leisten. Allerdings wurden wir in keiner Weise unterstützt, nicht einmal eine Verbandstasche mit dem nötigsten Material war aufzutreiben. Die Weihnachtsferien 44 verlebte ich im Elternhaus bei Teuplitz (Niederlausitz) dicht an der Neiße gelegen. Sehr ungern ließ mich mein Vater nach Laningen zurück reisen, aber ich wollte meine Schulgemeinde nicht im Stiche lassen und so gefährlich schien mir die Lage im Warthegau damals auch noch nicht. Doch kaum war ich an meinem Wirkungsort angekommen, da fühlte ich auf Schritt und Tritt die Spannung und Nervosität,
die über den Menschen lag. Die Straßen waren von Militär belebt, LKW auf LKW rollte westwärts. Kosakenregimenter der Wlassow Armee zogen durch unseren Ort. Das sollten unsere Verbündeten sein, bei diesen Gedanken war uns nicht gerade wohl. Verwegen saßen sie auf ihren Pferdchen und ritten wie Sieger durch die Dörfer, wir waren froh, dass sie nicht Laningen als Quartier auswählten. Privatautos mit Sack und Pack beladen, die aus dem Gouvernement kamen, fuhren ohne Aufenthalt weiter. In der Gemeinde wurden wir zu nächtlichen Telefonwachen eingeteilt. Das Geschützfeuer, welches wir bereits als die übliche Begleitmusik der Nacht kannten, schwoll jetzt gewaltig an und ließ die Erde erbeben.

Unser Schulamt berief uns am 16.1. zu einer Tagung nach Kutno. Ich fuhr in eine im Aufbruch befindliche Stadt. Der Zugverkehr stockte bereits und an eine Fahrt mit der Bahn war nicht mehr zu denken. Mit einigen Kolleginnen standen wir ratlos im allgemeinen Aufruhr.
Die kommende Nacht brachte dann auch den Befehl zum Treck. Für 7 Uhr war die Abfahrt aus Laningen bestimmt. Unterwegs sollten sich die einzelnen Orte mit ihren Gefährten anschließen. Der Nachthimmel war blutrot, Litzmannstadt stand in Flammen. Der Russe saß uns direkt auf den Fersen. Und nun begann eine Hetzjagd auf Leben und Tod, wie sie so oft in Berichten grausam, doch wahr und echt geschildert worden ist.
Der Treck bewegte sich zunächst diszipliniert auf Nebenstraßen bis zum Tagesziel Moosburg.
Da für die Bevölkerung nur die Straßen 2. Ordnung freigegeben worden waren- die Rollbahnen sollten doch den militärischen Nachschub bringen- kam unsere Wagen Kolonne nur im Schritt Tempo vorwärts. Die Straßenverhältnisse waren katastrophal und die Menge der Flüchtenden verdichtete sich von Ort zu Ort. Abends erreichten wir eine leere Stadt, da fanden sich weder DRK noch NSV Helferinnen, die den Müttern etwas warme Milch für die Kinder reichten. Jeder suchte auf gut glück in den verlassenen Häusern nach Lebensmitteln. Die polnische Bevölkerung zeigte sich noch entgegenkommend, sie wussten auch nicht, wie sie sich am klügsten verhalten sollten. Bereitwillig halfen sie den Flüchtenden. Schwieriger wurde die Lage für die Wagen, die von polnischen Kutschern gefahren wurden, z.B. die Gefährte der Gemeindeverwaltung. Ich hatte meine Habe auch auf einem Gemeindewagen untergebracht, der alle Schreibmaschinen des Amtes barg.
Beim Ausspannen und Füttern der Pferde waren plötzlich Ross und Mann in der Dunkelheit verschwunden. Der Pole fürchtete auch den Russen und wollte unbedingt bei der Besetzung seiner Familie sein. Schon der 2. Tag bracht uns das Chaos. Der Russe sprengte den Treck auseinander. Ein Tiefflieger beschoss die verstopften Straßen mit Maschinengewehren. Panzer fuhren wild in die zusammen geschobenen Wagen und Menschen hinein. Ich hatte auf dem Gefährt unseres Nachbargutes ein Plätzchen gefunden. Die kleinen Panjepferdchen waren sehr ausdauernde Tiere, sie blieben Tag und Nacht vor dem Wagen und brachten uns über Nordheim nach Gnesen. Unterwegs überall das gleiche Bild der Verwüstung und Demoralisierung. Soldaten ohne Einheit und Waffen, jeder führte seinen Kampf ums Dasein. Beim Übergang über die Netze ereilte uns dann das Schicksal. Die Russen holten uns vom Wagen und der Weg in die Gefangenschaft begann. Es schien, als ob mit dem Räumungsbefehl aus der Kreisleitung in Kutno, die letzte Verbindung zwischen Partei und der Bevölkerung gerissen war. Der „ kleine Mann“ sollte nun auf sich gestellt und verantwortungsvoll handeln, wo wollte er beginnen? Er musste verloren sein, da er ja unwissend gelassen worden war.

Zum Schluss meines Berichtes möchte ich noch erwähnen, dass ich mich nur auf meine Erinnerungen stützen kann, da mir auf der Flucht und anschließender einjähriger KZ-Zeit sämtliche Sachen und Papiere genommen wurden. Die Tage und Monate in Gefängnissen und Lagern stellten derart enorme Ansprüche an Körper und Nerven, dass viele Vorgänge in Vergessenheit gerieten. Ich ging voller Idealismus in den Warthegau.
Da ich aber auf meinen abgelegenen Schulstellen so ganz auf mich angewiesen war, hielt ich mich sehr isoliert. Ich besuchte wohl die Familien meiner Schulkinder. Doch das Auftreten von Treuhändern und Parteiführern schaffte oft unmögliche Situationen, dass man als jungen Mensch ratlos diesen Machenschaften gegenüber stand. Besonders in den letzten Monaten vor unserer Flucht wurde ich von den Eltern oft um meine Ansicht über unser weiteres Schicksal im Osten befragt. Als Führungskräfte wurde von uns eine eigene Meinung erwartet, aber wie musste die aussehen?
Waren wir nicht nur zum Sprachrohr von Partei- und Staatsdoktrin degradiert worden? Das Gefühl, Mittel zum Zweck zu sein, ohne überhaupt ei genaues Bild von allen Zusammenhängen zu haben, vertiefte sich von Jahr zu Jahr und hat mich sehr gleichgültig werden lassen. Ich führte meine Schularbeit durch und betätigte mich nur sportlich in der Jugendarbeit.

Annelies Regenstein
Hermesdorf über Waldbröl Rheinland
Hermesdorf, den 31. Januar 1956


Eidesstattliche Erklärung von Mutter
Abgeschrieben am 01.01.2011
Vor Eintritt in den Schuldienst
Abgeschrieben am 01.01.2011


1. Ich erkläre, dass ich in der Zeit vom 01.10.1939 bis 28.03.1940 meine Reichsarbeitsdienstpflicht als Angehörige des Jahrganges 1920 in Vietz bei Landsberg/Warthe abgeleistet habe.
2. Vom 1. April 1940 bis zum 27. September 1941 studierte ich an der Hochschule für Lehrerbildung Frankfurt/Oder. Am 27.09.1941 bestand ich meine 1. Lehrerprüfung mit dem Gesamturteil „ befriedigend“.
3. Am 10.10.1941 wurde ich vom Regierungspräsidenten Hohensalza als Lehramtsanwärterin in den Kreis Kutno/Warthegau einberufen. Das Schulamt Kutno wies mich als 2. Lehrerin an die Schule Imielno ein. Vom 01.08.1942 bis 28.02.1943 leitete ich die einklassige Schule Augustopol und vom 01.03. 1943 bis zur Flucht am 17.01.1945 die zweiklassige Schule Laningen. Am 25.05.1944 legte ich dort meine 2. Lehrerprüfung ab.
4. Am 17.01.1945 begann unsere Flucht vor der russischen Armee. Als Angehörige des öffentlichen Dienstes geriet ich in russische Kriegsgefangenschaft und kam in verschiedene russische Konzentrationslager im Warthegau. Aus dem Lager Posen wurde ich am 10.11.1945 entlassen. Zu Fuß erreichte ich am 12.12.1945 meine Angehörigen in Forst/Lausitz.
5. Im Dezember 1945 erhielt ich vom Schulamt des Stadt- und Landkreises Forst/Lausitz
die Zusicherung meiner Einstellung als Lehrerin. Mir wurde mit Wirkung vom 03.01.1946
die Leitung der Schule in Forst-Keun übertragen. Am 27.02.1947 beendete ich meinen Schuldienst in der SBZ (DDR).
6. Am 13.03.1947 begab ich mich in das englische PW Camp Berlin-Staaken, um zu meinem, inzwischen im Westen ansässigen Mann, umgesiedelt zu werden.
7. Vom 28.02.1947 bis 22.09.1960 wurde ich nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt, hatte mich aber fristgerecht als Unterbringungsfall gemäß 131 GG gemeldet und erhielt am 27.04.1959 meinen Unterbringungsschein.


Ergänzungen von Hartmut Regenstein
13.12.2011


- Mutter geriet zwischen dem 23.-26. Januar.01.1945 an dem Fluss Netze in russische Kriegsgefangenschaft.
- In einem Brief an Vater vom 12.01.1945 teilt sie Vater mit, dass sie zum 01..04.1945 in den
Bezirk Frankfurt Oder versetzt wird. Dazu kam es dann nicht mehr.


Lebenslauf Mutter
Annelies Kippferling
Zusammengestellt am 31.12.2010
Korrigiert am 15.04.2012


- Geboren am 31.08.1920 in Trebendorf
- Tod der Mutter, Marie Kippferling, geborene Timm, 1926
- Marie Kippferling, geboren am 01.01.1879
- Gestorben am 22.10.1926
- An die Stelle der leiblichen Mutter trat Else Grunert, „ unsere Oma“
- Mutters Vater: Oswald Kippferling
- Geboren am 01.01.1879
- Gestorben am 02.09.1975, im Alter von 96 Jahren
- Abitur Mutter: 1939
- Reichsarbeitsdienst: Oktober 1939- März 1940 in Vietz/Kreis Landsberg
- Studium in Frankfurt/Oder: Hochschule für Lehrerbildung, 01.04.1940-27.09.1941,

  3 Semester, Abschluss mit befriedigend.
- Mitgliedschaft in der NSDAP ab 01.10.1941- vor dem Antritt der 1. Stelle
- Berufsbegleitendes Praktikum im Wartegau während des Studiums
- 1. Dienstelle als Lehrerin: Wartegau, Kreis Kutno, 1.10.1941-15.01.1945 (Flucht)
- Verlobung am 25. Mai 1943
- 2. Lehrerprüfung: 25.05.1944
- Hochzeit am 02. Juni 1944
- Flucht vor der russischen Armee, 17.01.1945
- Festnahme, Russische Kriegsgefangenschaft
- Entlassung aus dem Lager Posen am 10.11.1945
- Ankunft in Forst am 12.12. 1945 (zu Fuß)
- Leitung der Grundschule in Forst-Keun, ab 03.01.1946
- Beendigung des Schuldienstes in der SBZ am 27.02.1947
- Aufbruch in den Westen Deutschlands, Horrem, Niederrhein, 13.03.1947
- Gründung einer Familie mit Willi Regenstein im Kreis Oberberg
- Wohnorte: Oberelben, Grunewald, Hermesdorf, Grunewald
- Kinder. Bärbel (1948), Wilfried (1949), Hartmut (1951), Jürgen(1952) und Gerd (1956)
- Wiederaufnahme des Dienstes als Lehrerin in der Volksschule in Grunewald. ( 1960)
- Dienststellen: Grunewald, Marienberghausen, Nümbrecht
- Eintritt in den Ruhenstand, 1980
- Tod: 14.09.2008 im Alter von 88 Jahren in Grunewald