Hartmut
Regenstein
17.02.2014
„Wir haben
durch die März Revolution Freiheit und eine Constitution errungen.“
(aus dem
Tagebuch von Heinrich Vester, 31.12.1848)
Nach lange
Jahren Recherchen ist es mir gelungen,
das Tagebuch meines Ur- Ur- Ur Großvaters Heinrich Vester, Maler in Cottbus,
Guben und Küstrin aufzufinden. Es befand sich im brandenburgischen
Landeshauptarchiv in Potsdam unter der Signatur: Rep 16, Nachlass, Vester 1-4.
Von Heinrich
Vester erfuhr ich bei der Zusammenstellung einer Festschrift anlässlich der
Goldenen Hochzeit meiner Eltern im Jahre 1994. „ Es gäbe da mütterlicherseits
einen Maler im 19. Jahrhundert.“
Meine Reisen
führten mich in Archive von Cottbus,
Guben, Frankfurt an der Oder und in Berlin. Insbesondere das Stadtmuseum in
Cottbus und die Forscher der Cottbuser Stadtgeschichte waren mir sehr
behilflich. Bedanken möchte ich mich bei
Herrn Steffen Krestin vom Stadtmuseum und bei Frau Dora Liersch vom Heimatverein Cottbus.
Das Ergebnis
meiner Recherchen bis zum Jahre 2000 waren Bilder und Texte, die ich auf einer
Homepage zusammenfasste. www.heinrich-vester.de
. Eine weitere Homepage mit Landschafsbildern erstellte ich im Jahre
2006 anlässlich des 200. Geburtstag von Heinrich Vester mit dem Titel www.vester200.de
Vester lebte
von 1806-1891. Er malte Stadtansichten von Cottbus, als es die Fotografie noch
nicht gab. Aus seinem Tagebuch weiß ich
aber auch, dass er als Historienmaler der preußischen Geschichte unterwegs war.
Er malte auch viele Schützenscheibe für verschiedene Schützengilden. Er selber
gehörte der Cottbuser Schützengilde an.
Und nun das
Tagebuch, das aus vier Teilen besteht und die Jahre von 1835-1882 umfasst.
Das Tagebuch
ist in Sütterlin verfasst und diese Schriftsprache konnte ich nicht entziffern.
Mit Hilfe der älteren Verwandtschaft gelang es, einige Seiten mehr schlecht als
recht zu entziffern.
Die
entscheidende Hilfe kam von Frau Tanja Leistner aus Cottbus, die mir die 57
Seiten der Jahre 1848 und 1849 transkripierte. Bei ihr möchte ich mich an
dieser Stelle ganz herzlich bedanken.
Warum die
Jahre 1848 und 1849?
Aus der
Vorlesung von Prof. Dr. Olaf Blaschke „ Die Welt im 19. Und 20. Jahrhundert,
ein Überblick“ von der Universität
Münster wusste ich einiges über die „ Atlantische Doppelrevolution und das
Zeitalter der Revolutionen (1763 -1848) in Preußen, Deutschland und Europa.
Nun galt es
abzugleichen…. Vester ist mit seinem Tagebuch Zeitzeuge der Jahre 1848 und 1849
in Cottbus. Welche Ereignisse fanden in Cottbus statt und was passierte in
Preußen, Deutschland (das es als Staat ja noch nicht gab) und Europa?
Ich hatte
mit dem Tagebuch Glück. Vester beschreibt nicht nur die Ereignisse in den
Jahren der bürgerlichen Revolution in Cottbus, er beschreibt ziemlich
detailliert, was u.a. in Berlin passierte. Wie das?
Ich kann mir
das nur so erklären, dass er eine Zeitung aus Berlin (vielleicht die Vossische)
bezog, denn eine Cottbuser Tageszeitung gab es 1848 noch nicht. Man kann diese
Hypothese aus seinem Tagebuch ableiten….
„ Die Berliner Nachrichten müssen vorgelesen werden.“ (s. Tagebuch, 21. März 1848)
„ Heute kam die Berliner Post mit einer großen dreifarbigen Fahne, welche vorn aufgesteckt war.“ (24. März 1848)
Vesters Berichte über die Cottbuser Ereignisse 1848 und 1849 sind mir aus einigen Veröffentlichungen teilweise bekannt, ich kann nicht beurteilen, ob es etwas Neues für die Cottbuser Forscher der Stadtgeschichte gibt.
Für mich sind auch einige persönliche Erlebnisse aus dem Jahre 1849 interessant, in dem Heinrich Vester Marie Hoffmann heiratete. So schrieb er unter dem Sonntag, den 29. April: „ Unser Polterabend, wir waren einige 60 Personen beisammen, recht lustig, tanzen bis früh, auch wurde meine Braut recht sehr beschenkt. Von meinen Verwandten ließ sich niemand sehen.“ Diese Anmerkung weist darauf hin, dass Vester sich mit seiner Familie zerstritten hatte. (s. auch meine Homepage). Und weiter: „ Das jetzt verflossene Jahr 1849 kann ich zu meinen schönsten zählen, welches ich sehr angenehm mit meiner lieben Frau verlebt habe, besonders war uns der Sommer angenehm, wo wir häufig Spaziergänge machten. … Meine Einnahmen waren nicht so recht zufriedenstellend, dagegen die Ausgaben bedeutend waren.“ ( aus dem Tagebuch vom 31.12.1849)
Für die allgemeine Geschichtsschreibung des 19, Jahrhunderts schreibt Jürgen Osterhammel:
Zusammengenommen war dies die an Teilnehmern zahlreichste, geographisch ausgedehnteste und gewaltsamste politische Bewegung in Europa des 19. Jahrhunderts. Die Revolution mobilisierte oft große Teile der Bevölkerung und es ist ratsam, mehrere simultane Teilrevolutionen zu unterscheiden: bäuerliche Protestbewegungen, Protestbewegungen städtischer Unterschichten, schließlich nationalrevoluitonäre Bewegungen, die mitunter auf breiten gesellschaftlichen Bündnissen beruhten.
(aus Osterhammel, Jürgen, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, München 2009, S. 778 f.)
Weitere Informationen über die Jahre 1848 und 1849 finden sich u.a. in folgenden Büchern:
Clark, Christopher, Preußen, Aufstieg und Niedergang, 1600 bis 197, München 2008, hier Kapitel 14. „ Glanz und Elend der preußischen Revolution, S. 536 ff
Müller, Franz Lorenz, Die Revolution von 1848/49, 2012
Cottbuser Stadtgeschichte
Heimatverein Cottbus, Chronik der Stadt Cottbus von 1600-1850
Krestin, Steffen, Cottbuser Blätter, Sonderheft Stadtchronik 2002
Autorengemeinschaft, Geschichte der Stadt Cottbus, 1994
Lange, Klaus, Wie kam es 1848 zur Amtsenthebung des Cottbuser Oberbürgermeisters Roemelt?, aus: Cottbuser Heimatkalender 2015